Studie: Österreicher und KI
Österreicher überschätzen ihr Wissen zu Künstlicher Intelligenz (KI) massiv. Das betrifft besonders Männer. Das zeigt die neue Umfrage des Vereins Fit4Internet. Und noch etwas Erstaunliches kam bei der Sonderstudie zur KI-Nutzung heraus: Die Teilnehmenden denken, dass KI große Veränderungen in der Wirtschaft und im Arbeitsalltag anstoßen wird. Gleichzeitig denken aber viele, dass sie das nicht betrifft.
Für die Umfrage wurden rund 2000 Personen befragt. Auf eine repräsentative Verteilung in Bezug auf Alter und Geschlecht wurde dabei geachtet. Ziel war es, herauszufinden, wie die Österreicherinnen und Österreicher ihr Wissen über KI einschätzen. Ebenfalls wurde getestet, ob sich das auch mit der Realität deckt.
Ein ähnliches Paradox ist, dass über die Hälfte angibt, keine KI-Anwendungen zu nutzen. „Das kann gar nicht stimmen“, meint Hermann Erlach, General Manager von Microsoft Österreich. Wer schon einmal ein Navigationsgerät bediente, etwas googelte oder auf Social-Media-Plattformen unterwegs war, hat KI bereits verwendet, erklärt er. „Das zeigt wohl auch, dass vielen nicht bewusst ist, wo und wie KI schon im Hintergrund eingebaut ist“, sagt Erlach. Das offenbart die große Wissenslücke bei den Begrifflichkeiten und Anwendungsmöglichkeiten.
Und noch eine weitere ungewöhnliche Erkenntnis lieferte die Umfrage: In Wien sowie in Vorarlberg ist das Wissen über KI am ausgeprägtesten. Warum das so ist, darüber konnten die Anwesenden bei der Pressekonferenz nur spekulieren.
Wille, sich zu bilden, gering
Durchschnittlich befinden sich die Befragten auf der Wissensstufe eins (von fünf). Besonders gut schätzten die Teilnehmenden ihr Wissen zum Umgang mit Informationen und Daten ein. Tatsächlich schnitten sie bei diesen Kompetenzen aber am schlechtesten ab.
Über 40 Prozent der Befragten geben zu, dass sie durch die vielen Anwendungen verwirrt sind. Genauso viele sagen sogar, dass sie kein Interesse haben, sich damit zu beschäftigen. Die allermeisten wünschen sich Anleitungen, um KI selbst aktiv im Job nutzen zu können. Zwei Drittel der Befragten geben an, dass sie im letzten Jahr keine Weiterbildung zu KI gemacht haben. Die meisten würden sich das Wissen darüber durch selbstständiges Ausprobieren aneignen. „Um die Grundlagen aber zu erlernen, ist es sinnvoll, sowohl im Bildungswesen als auch vor allem in den kleinen und mittleren Betrieben KI-Weiterbildungen voranzutreiben – zum Beispiel durch Peer-Learning, Lern- und Förderprogramme oder Reverse-Mentoring“, sagt Patricia Neumann, Vorstandsvorsitzende der Siemens AG und Vizepräsidentin von Fit4Internet.
„Manchmal werde ich gefragt, wo man KI-Spezialistinnen und -Spezialisten findet. Ich antworte immer: Ihr habt sie schon. Ihr müsst sie nur ausbilden. Denn was es in Zukunft brauchen wird, sind Fachexperten, die sich zusätzlich in KI-Themen weitergebildet haben“, sagt Christoph Becker, Geschäftsführer des Enterprise Training Center (ETC).
Was Arbeitgeber tun können
Welche Altersgruppe schnitt beim Test am besten ab? Je jünger eine Person ist, desto besser ist ihr Wissen über KI. Die Studie bestätigt auch frühere Untersuchungen, dass Männer größeres Interesse an neuen Technologien haben. Im Test schnitten sie durchschnittlich auch besser ab als Frauen. Als wichtigste Gründe, warum KI derzeit noch nicht genutzt wird, gaben die Befragten an, dass sie nicht genügend Wissen haben, und äußern auch Datenschutz sowie sicherheitstechnische und urheberrechtliche Bedenken. Die Anwendungen, die Personen bereits nutzen, sind meistens Übersetzungstools oder Textgeneratoren.
Doch was hindert Erwerbstätige, KI im Betrieb einzusetzen? Dazu wurden in der Studie rund 500 Führungskräfte befragt. Neben dem Mangel an Wissen und den unklaren rechtlichen Vorgaben sagen sie auch, es gebe nicht genügend Akzeptanz bei den Kolleginnen und vom Management. Deswegen würden auch keine Schulungen oder Maßnahmen ergriffen, um für KI gerüstet zu sein. Sie haben auch Sorge, dass die Anwendungen missbräuchlich verwendet werden und eine technologische Abhängigkeit entstehen könnte. „In meinen Augen zeigt das, dass man vor allem auch mit Führungskräften ehrlich und ermunternd über KI sprechen sollten, damit sie die Chancen erkennen und Vertrauen in die Technologien entwickeln“, sagt Hans Greiner, Geschäftsführer von Cisco Österreich.
Wie gut schnitten die Teilnehmenden nun bei dem KI-Wissenstest ab? Der Großteil (61 Prozent) beantwortete nur 20 Prozent der Fragen korrekt. Das zeigt den großen Aufholbedarf in diesem Bereich. Martin Heimhilcher, Obmann der Sparte Information und Consulting in der Wirtschaftskammer Wien, findet das durchaus alarmierend, da Künstliche Intelligenz in den kommenden Jahren die Wirtschaft stark verändern wird. „Nur durch proaktives Handeln und eine offene lnnovationskultur können Unternehmen langfristig wettbewerbsfähig bleiben und die Chancen der digitalen Transformation voll ausschöpfen.“